Meine ersten Fahrversuche
Wann hat mich der Velovirus gepackt? Sicher, als Kind bin ich Velo gefahren. Zwar besass ich als Kind nie ein eigenes Velo. Wir Geschwister haben die ersten Fahrversuche mit dem Herrenrad meines Vaters gemacht. Irgendwann waren dann meine Beine lang genug, um über die Lenkstange zu reichen. Mit der Schulklasse durften wir mit dem Velo ins 5 km entfernte Schwimmbad fahren, war das ein Erlebnis! Später war es mir im Engadin zu bergig und auf der Strasse hatte ich keine Lust zu fahren. Damals gab es noch keine Mountainbikes und die normalen Velos hatten höchstens 3 Gänge. Ich mag noch heute keine Strassen mit Verkehr und fahre lieber auf Naturstrassen.
Das Velovirus schlägt zu
Vor knapp 30 Jahren hat mich ein Freund mit dem Velovirus angesteckt. Was für grossartige Touren wir unternahmen, ich habe die Bilder immer noch im Kopf. Nie ging es unter 1500 Hm, mindestens einmal musste das Velo hochgetragen und ein Bach überquert werden. Anfangs landete ich regelmässig im Wasser. Meine Freude an den landschaftlich wunderschönen Touren wurde dennoch immer grösser.
Die Faszination Velo
Als ausgebildete Wanderleitern war und bin ich natürlich auch viel zu Fuss unterwegs. Doch viele Touren waren und sind zu Fuss kilometermässig nicht zu schaffen, mit dem Velo ist dies problemlos möglich. Mit den Jahren entwickelte sich die Technik immer schneller weiter, die Velos machten mit Scheibenbremsen, Carbon usw. immer mehr Freude und Spass. Damit waren immer längere und anspruchsvollere Routen möglich.
Als bei mir in der Region Savognin die erste Downhillstrecke eröffnet wurde, ermahnte ich meinen jüngsten Sohn, ja langsam zu fahren. Er meisterte die Abfahrt problemlos, nur ich flog wieder einmal über den Lenker. Heute wird für mich Velofahren immer mehr zum Genuss und Alter macht ja bekanntlich vorsichtiger. Was fasziniert mich am Velofahren? Ist es das Gefühl der Freiheit, den Fahrtwind zu spüren, die Gedanken schweifen zu lassen? Ich ertappe mich dabei, ständig nach neuen Velorouten Ausschau zu halten, mir zu überlegen, wie die Streckenführung und die Landschaft sind.
Authentische Velotouren mit Baumeler Reisen
Zum Glück darf ich für Baumeler Reisen seit 20 Jahren mit dem Velo unterwegs sein. Dadurch kann ich jedes Jahr Tausende von Kilometern fahren, unzählige Besonderheiten und viel Schönes entdecken. Beim Wandern an der Nordsee habe ich das Velofahren so sehr vermisst, dass ich heute dort mit zwei Rädern unterwegs bin. Ich spüre das Salz in der Luft, rieche den Geruch der Meerpflanzen bei Ebbe, höre die Vogelschreie und mein Blick schweift in unendliche Weiten.
Als ich die fast autofreien langen Passstrassen in den Abruzzen gesehen hatte, war mir klar, hier muss ich mit dem Velo hin. Ich kann eine Region mit ihrer Einzigartigkeit nur erleben, wenn ich zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs bin. Da die Flora ein grosses Hobby von mir ist, passe ich mein Tempo auf dem Velo vielfach der Landschaft an, damit meinen Augen keine endemische Pflanze oder spezielle Orchidee entgeht.
Im Herbst lockt mich im Süden der Geruch von reifen, zuckersüssen Feigen zu einem Stopp. Das ist einer der schönsten Gründe fürs Velofahren – es findet sich praktisch überall ein Platz zum Anhalten und Innehalten. Kleine Sorgen verfliegen, ich atme tiefer und ruhiger, die Freude nimmt überhand. Manchmal bleibt auch Zeit zum Träumen auf dem Velo, natürlich immer mit Blick auf die Strasse.
Ich bin gerne allein unterwegs, aber auch in der Gruppe bleibt viel Platz für Freiraum. Spontane, schöne Begegnungen und interessante Gespräche entstehen. Das kann ein Dank eines anderen Velofahrers sein, der sich so sehr freut, dass wir seine Heimat, die abgeschiedenen Abruzzen, mit dem Velo durchfahren. Oder wir sind eine Stunde zu spät am Treffpunkt mit dem Fahrer unseres Begleitfahrzeuges, weil uns ein älterer Mann unbedingt seinen Trullo (Rundhaus in Apulien) zeigen will und wir seinen eigenen Wein kosten müssen. Oder wir müssen den Wiedehopf auf der Wiese neben der Strasse beobachten. Es fallen mir unzählige, unvergessliche und eindrückliche Erlebnisse auf und mit dem Velo ein.
Natürlich erfüllt es mich auch mit Stolz und Zufriedenheit, wenn ich auf der Karte die gefahrene Strecke oder auf dem GPS die Anzahl der gefahrenen Kilometer sehe. Heute bin ich zwar mehrheitlich mit dem E-Bike unterwegs, die Leistung hat dem Genuss etwas mehr Platz gemacht. Der Spass und die Freude sind immer noch gleich gross oder werden sogar mit jeder Tour noch grösser. Ich möchte vorwärts kommen. Die Faszination Velo bleibt, es gibt ja immer wieder etwas Neues, Unbekanntes, Schönes und Spezielles zu entdecken – natürlich auf zwei Rädern.
Geschrieben von Ruth Pool



